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Das Wunder der Schwangerschaft

Artikel von Gaston Saint-Pierre

© Gaston Saint-Pierre und Martina Reineke (Hebamme)
Oktober 2001

Wenn wir uns ansehen, was zur Zeit in der Welt geschieht, ist es einleuchtend, dass die Informationsflut, die wir erleben, sich auch stark auf die Sensitivität eines Kleinkindes auswirkt. Wie bereiten wir unsere Kinder am besten darauf vor, mit den Umwälzungen umzugehen, mit den extrem schnellen Neuerungen in der Technologie, der Konfrontation mit neuen Wertsystemen und der Hinterfragung der alten Werte, vor allem durch die Medien? Das digitale Zeitalter verlangt von unseren Kindern ein anderes Bewusstsein.

Angehende Eltern stellen sich diese Fragen, und werden sich stärker dessen bewusst, wie wichtig die vorgeburtliche Erfahrung für ihr Kind ist. Ist es möglich, dem Kind im Mutterschoß ein Gefühl der Sicherheit, der Erwartung, der Neugierde, des Wunders mitzugeben? Das wachsende Bewusstsein über die weit reichenden Auswirkungen der pränatalen Erfahrung auf ein neues Leben kann nicht länger ignoriert werden. Wie kann der Kontakt zwischen den Eltern und dem ungeborenen Kind verbessert werden? Gibt es eine Möglichkeit, die Beziehung zwischen den angehenden Eltern zu beeinflussen, um den Stress, den die Mutter möglicherweise während der Schwangerschaft und Geburt erlebt, zu mindern?

Die Metamorphische Methode bringt eine Antwort auf all diese Fragen. Diese Methode ist sehr einfach. Sie besteht aus einer sehr zarten Berührung spezifischer Stellen an den Füßen, den Händen und am Kopf. Es sind Stellen, von denen man weiß, dass sie unsere eigene Schwangerschaftszeit reflektieren, die Zeit, in der all die Charakteristika, mit denen wir heute unser Leben leben, herausgebildet wurden. Ist es denkbar, dass die Stresssituationen, Einschränkungen, Traumata, Gedanken, Emotionen, und Gefühle, die die Mutter erlebt, im zellularen Gedächtnis des Embryo und des Fötus gespeichert werden? Und können derartige Einflüsse wieder aufgelöst werden?

Man hat herausgefunden, dass die Lebenskraft der Mutter und des Ungeborenen die Muster, die aus diesen Einflüssen entstehen, nicht nur ändern sondern auch transformieren kann, daher das Wort „Metamorphose“, welches wir in der Bedeutung von „Verwandlung in eine subtilere Substanz“ verwenden. Der Praktizierende der Metamorphischen Methode wirkt dabei wie ein Katalysator. Indem er sich jeder Verhaftung enthält, erschafft er ein Umfeld, das frei von jeder Richtungsvorgabe ist.

Ein Paar versucht seit Jahren ein Kind zu bekommen. Sie bekommen Sitzungen* mit der Metamorphischen Methode und ihnen wird diese Methode auch gezeigt, damit sie sie zuhause austauschen können. Sie lernen gemeinsam zu entspannen. Ihre Entscheidung, einander Sitzungen* mit der Metamorphischen Methode zu geben, bedeutet, dass es in beiden von ihnen eine innere Bereitwilligkeit gibt, dem natürlichen Wandel ihrer Muster keine Hindernisse mehr in den Weg zu stellen. Ein anderer Bewusstseinszustand kommt zum Tragen. Wir können davon ausgehen, dass dieser aus der Transformation einiger ihrer Charakteristika entsteht. Beide erleben die Auflösung von Mustern, die einen freien Energiefluss verhindert hatten. Die Frau wird schwanger.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine Frau, die am Anfang der Schwangerschaft die Arbeit mit der Metamorphischen Methode erlebt, sich bereitwilliger an die weit reichenden Veränderungen anpasst, die das Leben in ihr verfolgt. Wir können nur vermuten, dass durch die Verwandlung einiger ihrer Charakteristika sich etwas in ihr neu ausrichtet oder in Harmonie mit ihrer inneren Richtung kommt. Im Ergebnis führt das z.B. dazu, dass Morgenübelkeit seltener - wenn überhaupt - auftritt. Tritt diese dennoch auf, findet die Mutter größere Kraftreserven in sich, um damit umzugehen. Wir halten die Tatsache, dass jemand die Metamorphische Methode in Anspruch nimmt, für den Ausdruck einer unausgesprochenen Vereinbarung. Der Mensch sagt damit, dass er willens ist, damit aufzuhören, der natürlichen Transformationsbewegung Hindernisse in den Weg zu legen. In der Natur geschieht Transformation automatisch und unbewusst. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Verwandlung von zwei unvollständigen Zellen - Samen und Ei - in das Wunder eines Menschen.

Nach der ersten frühen Phase der Schwangerschaft durchläuft der Körper der Mutter enorme physiologische Veränderungen. Wenn sie weiterhin Sitzungen* wünscht und erhält, kommt es auf der psychologischen Ebene zu einem Gefühl größerer Sicherheit in Bezug auf ihre intuitiven Fähigkeiten, mit verschiedenen Situationen umzugehen. Sie entwickelt eine Gewissheit darüber, was für sie richtig ist und kann mit größerer Tiefe und Klarheit verschiedene Eingriffe und Verfahren hinterfragen. Mit dieser inneren Autorität erkennt sie auch die Wichtigkeit richtiger Zeiteinteilung und ausreichender Ruhephasen. Es ist so, als ob die Lebenskraft von Fötus und Mutter stärker und harmonischer verbunden wären. Wenn der Vater auch die metamorphische Methode erhält, entwickelt er eine größere Akzeptanz für die Bedürfnisse seiner Frau und vor allem ein Bewusstsein für seine eigene Rolle in dieser neuen Situation - auch dafür, wie wichtig es ist, dass er diese Rolle auch ausfüllt.

Macht der Fötus stoßartige Bewegungen, wenn die Mutter zu einer metamorphischen Sitzung* kommt, ist es eine Freude zu beobachten, wie schnell er sich beruhigt.
Während der Sitzung* scheint der Fötus darauf zu reagieren, er fängt an, sich zu strecken und mehr Platz einzunehmen, ohne der Mutter dabei Schmerzen zu verursachen. Der Bauch der Mutter bewegt sich wellenartig unter dem Einfluss des offensichtlichen Vergnügens, das der Fötus empfindet, wenn er den Raum und die ihn umgebenden Grenzen erfährt.

Die Schwangerschaftszeit ist die Zeit, in der alle Charakteristika gebildet werden, die uns physisch und auf den Bewusstseinsebenen ausmachen werden; ebenso erfahren wir alle Einflüsse, die wir brauchen, um unsere Bestimmung zu erfüllen. Wir setzen diese Erfahrungen und Einflüsse zu unterschiedlichen Zeiten in unserem Leben um. Diese (sogenannt negativen wie positiven) Formationen sind nichts Absolutes. Ihre Energie kann gelockert und von unserer Lebenskraft genutzt werden, um uns zu dem werden zu lassen, was wir wahrlich sind, und um das Potential verwirklichen, welches wir für das Universum darstellen.

Der Samen braucht eine Umgebung - die Erde - um sich in eine Pflanze zu verwandeln. Der Metamorphiker stellt eine Umgebung her, indem er mit Nicht-Verhaftung (d.h. ohne sich mit irgendetwas zu identifizieren) an den Wirbelsäulenreflexpunkten arbeitet, die auch die Muster reflektieren, die während der Schwangerschaftszeit gelegt worden sind. In diesem bewussten Kontext kann die Lebenskraft sowohl der Mutter als auch des Kindes direkt an ererbten Mustern arbeiten, welche später im Leben zu ernsthaften Schwierigkeiten hätten führen können. Oder sie kann diese auch verwandeln. Sollten Probleme auftreten, ist die Mutter selbstbewusst genug, ihrer eigenen Lebenskraft zu vertrauen, um ganz bewusst medizinische oder andere Eingriffe von außen anzunehmen oder abzulehnen. Dadurch kann die Weisheit des Körpers in angemessener Art und Weise wirken.

Manchmal sind es die Väter, die darauf bestehen, dass die Mütter metamorphische Sitzungen* bekommen, weil sie erkannt haben, dass diese von unschätzbarem Wert sind. Natürlich werden auch die Arztrechnungen dadurch gesenkt. Oftmals fühlen der Gynäkologe oder der Hausarzt die Entschiedenheit der Mutter, die Schwangerschaft ohne medizinische Interventionen zu erleben und staunen ehrfurchtsvoll über das, was geschieht.

Während der letzten Schwangerschaftsmonate treten vielleicht Ängste darüber auf, was die Zukunft bringen wird, ebenso wie Unruhe und Aufregung, aber hinter diesen Gefühlen steht ein Gespür, dass man stark genug ist, um mit allem umgehen zu können. Auch das Gefühl dafür, was es bedeutet, Mutter zu sein, wird stärker, zusammen mit der Freude, die in der Annahme dieser Rolle liegt. Zuweilen fühlen sich Mütter des Kontakts mit dem Fötus beraubt. Wenn sie dann die Metamorphische Methode bekommen, erkennen sie, was für ein außergewöhnliches Wunder in ihnen stattfindet und können danach eine Bindung entwickeln, von der sie bis dahin keinerlei Vorstellung hatten.

Wenn sich mit der beginnenden Geburt die Kräfte der Natur stärker durchsetzen, erleben wir in der Mutter die Bereitwilligkeit, ganz bewusst mit diesen Kräften, die in ihrem Körper arbeiten, mitzugehen. Es entsteht das sehr starke Gefühl, dass die Lebenskraft von Mutter und Kind das Richtige im richtigen Moment tun wird. In dieser Atmosphäre ist es für Hebammen anscheinend leichter, klar und präzise zu handeln und nur wenig zu intervenieren. Die angeborene Intelligenz zeigt den Weg.

Psychisch instabile (Borderline) Mütter, die die Metamorphische Methode bekommen, spüren sehr genau, dass tief greifende Veränderungen geschehen können. Einige werden weitere Sitzungen* ablehnen, aus Angst vor der möglichen Leere, die eine Auflösung ihrer Muster mit sich bringen könnte. Sie sind sich der Schönheit und Herrlichkeit der neuen Muster, die diese Leere füllen würden, nicht bewusst. Andere sind mutiger, verfolgen weiterhin ihre Sitzungen mit der Metamorphischen Methode und werden bald erkennen, dass die körperlichen, mentalen und emotionalen Veränderungen, die das Ergebnis einer tiefgehenden Transformationsbewegung sind, den Anfang eines völlig neuen Sein-Zustandes in ihrem Leben bedeuten.

Im allgemeinen haben wir bei den Menschen, die die Metamorphische Methode bekommen, beobachtet, dass sich ein inneres Wissen und eine spontane Weisheit einstellen, die sich nicht wieder verlieren. Dies ist, unserer Beobachtung nach, verstärkt bei schwangeren Frauen und hält sich auch nach der Geburt, gemessen am tatsächlichen Verhalten der Mütter und laut ihren eigenen Erzählungen. Das kann natürlich auch mit der Tatsache zusammenhängen, dass die Geburt eines Babys etwas so Essentielles ist, dass alle, die dabei sind, einen Hauch des Jenseits dabei spüren.

Jeder von uns hat die Sehnsucht nach Veränderung oder danach, die verschiedenen Facetten des Lebens auf tieferen Ebenen zu erfahren. Angehende Mütter - zumindest einige von ihnen - erkennen, dass die Schwangerschaft ihnen eine kraftvolle Möglichkeit gibt, alte Mustern, die schal und sinnlos geworden sind, hinter sich zu lassen und ihr Leben auf eine ganz neue Art zu leben. Die Forderung nach mehr Raum von Seiten des wachsenden Fötus scheint in einigen Müttern ein Bedürfnis nach einer neuen Ausrichtung auszulösen. Wenn sie diese Gelegenheit wahrnehmen, können andere an ihnen ein Strahlen und eine ruhige Gewissheit wahrnehmen.

Es ist für den Vater sehr befriedigend, für das Wohl des Kindes und der Mutter etwas beitragen zu können, indem er ihnen metamorphische Sitzungen* gibt. Zwischen diesen drei Menschen im besonderen entsteht sehr schnell eine Bindung, die auch die anderen Familienmitgliedern mit einschließt, wenn z.B. die Geschwister darum wetteifern, Sitzungen* geben zu dürfen.

Die Beobachtung zeigt, dass die Babys, deren Mütter während der Schwangerschaft die metamorphische Methode bekommen haben, sich ihrer Umgebung und der darin enthaltenen Stimulierung sehr bewusst sind. Sie haben eine klaren Blick und reagieren fast sofort auf die Gegenwart oder die Stimme der Hebamme, die die Sitzungen* gegeben hat. Die Kinder haben einen besseren Kontakt mit ihren instinktiven Bedürfnissen und beruhigen sich in Stressphasen sehr schnell, sobald die Mutter oder jemand anderes Füße, Hände und den Kopf sehr zart auf metamorphische Art und Weise berühren.

Die Metamorphische Methode könnte es den Hebammen ermöglichen, die angehenden Eltern für das Wunder zu öffnen, das im Entstehen eines Babys und im Menschsein liegt. Insgesamt sind diese „Fuß-Kinder“, wie manche Leute sie gern nennen, fähiger, mit den Anforderungen des Lebens umzugehen, und sie tun dies mit großem Selbstvertrauen. Es wird oft berichtet, wie vielseitig diese Kinder sind. Als junge Erwachsene wissen sie, was sie wollen, und lassen sich vom Gruppendruck ihrer Kameraden nicht so leicht beeinflussen. Sie ziehen es vor, allein zu sein, statt ihre Integrität aufzugeben. Dürfen wir davon ausgehen, dass sie dieses Gefühl der Integrität aus ihrer pränatalen Erfahrung beziehen?

* Die Metamorphische Methode ist eine Methode und versteht sich nicht als Therapie oder als medizinische oder anderweitige Behandlung. Es geht ihr nur um einen bestimmten berührenden Kontakt zwischen zwei Menschen, durch den die inneren Kräfte des Lebens angeregt werden. Im englischen Originaltext wird das Wort „Behandlung“ (treatment) niemals benutzt, sondern immer das Wort „session“, ein Wort, welches sich im Deutschen langsam als „Sitzung“ durchsetzt. Auch wenn es häufig nicht so schön klingt, sind wir mehrfach bei diesem Ausdruck geblieben, um nicht durch das Wort „Behandlung“ inhaltlich in eine falsche Richtung zu weisen.